Über Haupt- und Nebenstraßen entlang der russischen Grenze nach Norden und ohne viel Verkehr sind wir heute nach Estland gefahren. Zwischen dem ländlichen Lettland und dem ländlichen Estland konnten wir kleinere Unterschiede feststellen. Estnische Dörfer sind ebenso klein, aber die Häuser liegen oft weiter auseinander. Das sieht parkähnlicher aus, weniger Bäume, Zäune oder Hecken um die Grundstücke. Ähnlich wie in Lettland gibt es immer wieder alte Holzhäuser.
Hier Fotos vom schönsten Dorf des Landes Rõuge.
Eine Besonderheit sind die Waldfriedhöfe. Nicht geordnet, alte und neuere Gräber gemischt und überall wilder Wuchs unter Bäumen. Das gefällt mir ganz gut.
Wir haben für zwei Tage ein Zimmer in Tartu gemietet. Die zweitgrößte und älteste (erste Erwähnung 1030) Stadt des Landes (knapp über 100.000 EW) hat eine große Universität und ist voller Leben. Schon beim ersten Gang durch die Stadt sind uns einige schöne Besonderheiten aufgefallen.
Die Jaani-Kirche, im 14.Jh. aus roten Backsteinen gebaut, wurde mehrfach zerstört. Zuletzt im 2. Weltkrieg 1944, als sie beim Einmarsch der Russen abbrannte. Seit 1991, nach dem Erlangen der Unabhängigkeit, wird sie wieder aufgebaut. Verschiedene Förderer beteiligen sich finanziell daran, u.a. die Nordelbische Landeskirche und die Partnerstadt Lüneburg. Es werden ev. Gottesdienste in der Kirche gefeiert, die Stadt nützt den großen Raum aber auch für offizielle Veranstaltungen und Konzerte. Der große Raum hat eine besondere Atmosphäre. Der rote Backstein, an vielen Stellen unverputzt, die neu gemauerten Teile und die alten noch erhaltenen Wände, die besondere Dekoration mit den vielen mittelalterlichen Terrakottafiguren und die modernen Textilien tragen dazu bei.
Das Altartuch und der Behang der Kanzel sind handgewebt und trotz der naiven Figuren wird da die Liebe der Esten zu ihrem Handwerk deutlich.
Und noch nie habe ich in einer Kirche handgearbeitete Sitzkissen gesehen.
Überall in der Stadt werden mit Bronzestaturen berühmte Männer geehrt oder Ereignisse gewürdigt. Hier seht ihr von links die küssenden Studenten, die Frauen vom Lande und Vater und Sohn:
Über die Geschichte des Landes werden wir in den nächsten Tagen in den Museen sich noch viel erfahren. Auf ein wesentliches Datum wurden wir aber heute schon aufmerksam gemacht. Überall im Land und auch in Lettland waren die Landesfahnen auf Halbmast und oft auch mit einem Trauerflor ergänzt. Heute ist der 14. Juni und an diesem Tag erinnern die beiden Länder an die Opfer des kommunistischen Terrors. An diesem Tag fanden 1941 die ersten Massendeportationen statt insbesondere der bürgerlichen und intellektuellen Gruppen in den Osten der UdSSR statt, wo dann auch viele umkamen
Wie schon in Polen fällt auch in den baltischen Ländern auf, wie klar und eindeutig sich die Gesellschaften von der Zeit der Beherrschung durch die sowjetische Macht distanziert. Sie haben sehr darunter gelitten. Wir würden gerne mehr darüber erfahren wie sich heute die Beziehung zu Russland gestaltet.
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