Wir sind am Donnerstag, wie geplant, eine längere Strecke nach Osten durch die ländliche Vojvodina gefahren. Fast bis zur rumänischen Grenze, nach Vrsac, sind wir gekommen. Dieser Teil der Vojvodina ist das Westbanat (der östliche Teil liegt in Rumänien). Das Banat ist seit der Steinzeit Siedlungsgebiet und hat zu ganz unterschiedlichen Bereichen gehört. Ich habe es nachgelesen und es war eine sehr wechselvolle Geschichte. Wie fast überall in der Vojvodina ist das Land sehr fruchtbar. Überwiegend wird hier Gemüse und Wein angebaut und wir haben viele Obstbaumplantagen gesehen. Es ist die Gemüsekammer Serbiens. Wir haben kaum Viehwirtschaft gesehen, nur sehr wenige Schafe und Kühe. Aufgefallen ist uns bei der Reise, dass es kaum Hausruinen gibt. Die kleinen Häuser sind gepflegt genauso wie die Straßen, Vorgärten und die Gräben davor. Und es gibt ein perfekt funktionierendes Abfallbeseitigungssystem. Nur um die Müllhalden, die uns immer mal wieder begegnen, hat der Wind Plastik verweht. Das ist ein deutlicher Unterschied zu dem, was wir im letzten Jahr in Albanien und Mazedonien gesehen haben. Es gibt keine Karlstraßen. Allenfalls kleine Schlaglöcher, nichts ernstes. Die Straßen sind gut ausgebaut.
Wir sind gut durchgekommen, haben aber doch auch Kontakt zur Polizei gehabt. Bei einer Routinekontrolle ist unser kaputtes Rücklicht aufgefallen und nach längerem Palaver der Polizei mit Karl konnten wir ohne Strafe aber mit der Auflage zu berichten, wie schön Serbien ist weiterfahren. Der promovierte Psychiater im Ruhestand mit seiner Frau, der durch das schöne Land fährt, hat die beiden jungen Polizisten am Ende doch überzeugt und Karl musste nicht mit zu einem Richter fahren, damit der das Strafmaß festsetzt. Dass Bielefeld eine Fußballmannnschaft in der 2. Bundesliga hat, überzeugte zusätzlich.
Vrsac ist eine Kleinstadt mit ca. 38.000 EW. Im alten Teil gibt es schöne schnurgerade Straßen, manchmal mit Kastanien gesäumt. Und es gibt einen Flughafen. Hier werden nämlich Piloten ausgebildet. Wir haben sie bei Anflugübungen beobachtet
als wir auf den Berg gefahren sind, um die alte Festung Vrsacka Kula zu besichtigen. Der älteste mächtige Turm stammt wohl schon aus dem 15. Jahrhundert. Lange Zeit war die Festung in türkischer Hand, und es geht die Sage, dass der türkische Aga und der serbische Anführer Janko Halabura in einem Duell während des Serbenaufstandes von 1594 entschieden, wer jetzt Sieger sein durfte. Der Serbe gewann, enthauptete den türkischen Aga, und heute noch ist im Stadtwappen von Vrsac über dem Abbild der Festung ein Arm mit Säbel und ein Kopf zu sehen! Im 20. Jahrhundert wurden dann archäologische Untersuchungen sowie Rekonstruktionen und Restaurationen durchgeführt. Der weite Blick von hier oben auf die Stadt und über die Vojvodina ist phantastisch, und wahrscheinlich kann man bei klarer Sicht auch Belgrad sehen (ca. 80km entfernt), und Rumänien sowieso (17km entfernt).
Einige Kilometer weiter durch die Weinberge haben wir dann einen schönen stillen Ort gefunden. Im Kloster Mesic leben nur noch ein paar serbisch-orthodoxe Nonnen. Im späten 15. Jahrhundert gegründet hat es auch eine wechselvolle Geschichte. Mir haben die alten Teile der Kapelle mit den Wandbildern so gut gefallen. Der dunkle kühle Raum mit den alten Bildern hat uns dazu eingeladen, auf einer der Bänke Platz zu nehmen und ruhig zu werden.
Vrsac ist ein kleiner Ort mit einer überraschen hohen Anzahl von sehr großen Kirchen verschiedener Religionen (rumänisch- orthodox, serbisch-orthodox, römisch-katholisch), und es gibt sogar einen Bischofspalast der serbisch-orthodoxen Kirche. Hier wurde gerade das Dach neu gedeckt. Ein ungewöhnlicher Anblick:
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Wir leiden ein wenig unter der serbischen Küche. Fleisch ist ein Hauptbestandteil der warmen Mahlzeiten mit schweren Sahnesoßen. Gemüse gibt es in kleinen Portionen. Nur die kalten geschälten, oft scharfen Paprika liebe ich sehr. Leider ist gerade nicht Paprikasaison und es gibt dieses Gericht nicht überall. Ich werde wohl wieder auf Shopskasalat umsteigen oder auf die heimische Variante, Serbischer Salat, dann ohne Käse und ohne Oliven aber mit Peperoni! Es gelingt sogar italienische Pastagerichte der heimischen Küche anzupassen. Wir hatten heute Pasta Pollo und Pesto mit guten Hähnchenfleisch in weißer Sahnemehlschwitze mit getrocknetem Basilikum. Hier in Vrsac ist an diesem Wochenende Blumenmarkt. Hausfrauen haben dort einen speziellen Kuchen zubereitet: Kürtöskalacs, eine Art Baumkuchen, offensichtlich von den Ungarn hiergelassen. Sie haben so ganz frisch gut geschmeckt.
Um bei weiteren Polizeikontrollen (es gibt hier viele davon!) nicht größere Probleme wegen unseres Rückscheinwerfers zu bekommen, haben wir uns vorgenommen, das reparieren zu lassen. Durch Vermittlung der Hotelrezeptionistinnen sind wir zum Ersatzteil-Shop „Yu Auto“ gekommen und die bestellen das Teil, was morgen schon da sein soll.
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