heute stand eine Bootsfahrt auf dem Skutari-See auf dem Programm. Wir hatten vorgestern ja schon eine Fahrt reserviert, heute kam noch eine slowenische Familie (Eltern und zwei kleine Kinder) dazu; der Mann sprach recht gut Deutsch und konnte deswegen auch unsere Fragen an den Bootsführer weitergeben und übersetzen. Entgegen der Wettervorhersage hatten wir wieder mal Regen.
Da der See ja sehr groß ist (der größte See auf dem Balkan) und eine Rundfahrt viele Stunden gebraucht hätte, beschränkten wir uns in unseren zwei Stunden darin, den nordwestlichen Seitenarm zu erkunden. Wir sahen die Teile, die mit Schilf und Seerosen bewachsen waren,
konnten Kormorane beobachten, immer wieder auch Vögel, die wir gar nicht kannten. Wir umkurvten kleine und größere Inseln (auf einer sprangen sogar ein paar Ziegen herum), und im Hinterkopf natürlich immer die Frage, ob wir wirklich Pelikane sehen würden.
Der Kapitän erklärte, dass es auf dem See etwa 100 Exemplare geben würde. Man konnte sie auch schon von weitem erkennen, denn das sind ja Riesenvögel mit einer Spannweite bis zu 340cm! Einmal versuchten wir, uns einer Gruppe von etwa 12 Tieren zu nähern, aber wir kamen nicht nah heran, weil das Wasser dort für unser Boot zu flach gewesen wäre. Auf dem Photo kann man aber, wenn man guten Willens ist, einige etwas größere weiße Tiere erkennen: Pelikane!
Am besten wurde es dann aber etwas später, denn im freieren und tieferen Wasser in der Nähe einer anderen Insel war ein einzelner Pelikan, der uns auch näher an sich heran ließ und den ich dann photographieren konnte. Das mir das glückte mit einer kleineren normalen Kamera, machte mich richtig fröhlich.
Das montenegrinische Seeufer steht unter Naturschutz, denn es ist ein bedeutender Rastplatz für Zugvögel. 250 verschiedene Vogelarten leben hier. Neben den Pelikanen und den vielen Kormoranen haben uns die sehr tief fliegenden Schwalben beeindruckt. Tausende waren bei diesem schlechten Wetter direkt über der Wasseroberfläche auf Insektenfang. Am Ufer liegen viele viele Boote, die im Sommer die Touristen über den See schippern. Naturschutz und Broterwerb der Einwohner durch den Tourismus stehen in heftiger Konkurenz zueinander.
Trotz Regen, Nässe und Kälte also insgesamt ein schöner Ausflug, bei dem auch die Gespräche mit den anderen Reisenden und dem Kapitän nicht zu kurz kamen. Von diesem erfuhren wir auch, dass der See nicht sehr alt ist. Er enstand, nachdem durch ein Erdbeben der Verlauf von zwei Flüssen aus Albanien und Montenegro so verändert wurde, dass sich das Wasser staute. Die Klöster, die auf mehreren kleinen Inseln an der Südküste zu sehen sind, wurden also vor ein paar hundert Jahren auf Bergen erbaut. So ganz scheint das nicht zu stimmen. Es gibt auch andere Informationen über die Entstehung des Sees. Die Ruinen auf einer dieser Inseln, die wir nicht besuchten, bezeichnete der Kapitän als „Alcatraz“, d.h. als Gefängnis wie die berühmte Insel vor San Francisco. Hier seien vor etwa 200 Jahren politische Gefangene durch die türkischen Besetzer inhaftiert worden, und zwar ausschließlich solche aus den Bergen, die nicht schwimmen konnten. So habe man es sich leisten können, auf jegliche Wache auf der Insel zu verzichten.
Der Fischer auf unserem Beitragsbild fängt direkt an der Brücke mit einem Handnetz kleine blinkende Fische, die er später als Köder für die Aale im See verwenden wird. Das Prinzip ist ähnlich dem, was wir hier schon an der Adria in groß gesehen haben.
Ähnlich wie wir es bereits auf dem Ohrid-See mit der Grenze zwischen Mazedonien und Albanien erfahren hatten, ist es auch hier nicht zu häufigen Fluchten von Albanern über das Wasser gekommen. Bei diesem Thema kam es dann natürlich auch zu der Erwähnung der momentanen Probleme mit den Flüchtlingen aus dem Nahen Osten auf dem Balkan. Für den jungen Kapitän war die Sache klar: man hätte alle in einen Zug stecken, diesen abschließen und erst in Berlin wieder öffnen sollen. In seiner Einschätzung, die sicher auch in vielen Gesprächen mit anderen Einwohnern des Dorfes entstand, wurden vor allem diejenigen unter den Flüchtlingen kritisiert, die offensichtlich aus rein wirtschaftlichen Gründen gekommen seien. Die hätten doch Geld, die hätten immer mehrere Handys gehabt, Arbeitsangebote hätten sie abgelehnt, immer nur nach Deutschland gewollt. Eine schwierige Diskussion, der wir wegen der Sprachbarriere nur am Rande folgen und an der wir uns leider nicht angemessen beteiligen konnten.
Nach kleinem Mittagessen und Mittagsruhe zum Aufwärmen bin ich dann noch allein auf die oberhalb von Virpazar liegende alte Festung Besac gestiegen, die 1478 von den Osmanen erbaut wurde. Im letzten Weltkrieg benutzten sie die italienischen Besatzer als Gefängnis, danach verfiel sie, bis sie jetzt mit Geldern aus EU-Fonds wieder restauriert wurde.
Ich war ganz allein oben, die Tür stand offen, Eintritt hätte 1€ gekostet, es war aber niemand da. Von oben habe ich dann noch den tollen Rundblick genossen.
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