weiter ins südliche Serbien

heute geht’s weiter, aber erst einmal muss das Problem des defekten Rückscheinwerfers gelöst werden. Alles klappt aber problemlos: der Shop Yu-Auto hat das neue Rückscheinwerfer-Set besorgt (nicht original Mercedes, kommt aus Italien, kostet zu meiner Freude nur ca. 50 €), der Chef telefoniert und vermittelt mir einen Mechaniker, zu dem ich fahre, damit er das Ding einbaut (ich bin dafür zu blöd und habe auch kein Werkzeug), und dann erscheint beim Mechaniker auch noch Friedrich!

Scheinwerfer2 Scheinwerfer

Dies ist ein alter, sehr freundlicher Mann, Sohn eines deutschen Donauschwaben und einer serbischen Mutter, hat in Deutschland gearbeitet, Kinder und Enkel leben dort, spricht fließend Deutsch – sehr spannend. Er erzählt, dass er eigentlich „in den schlimmen Jahren“ aus Rumänien in diese serbische Gegend gekommen ist, und er hat wie der Automechaniker auch ein Ferienhaus dicht an der Donau bei Ram, was eins unserer nächsten Ziele ist.

Nachdem alles korrekt eingebaut ist und funktioniert, also weiter Richtung Ram. Dieser kleine Ort liegt an der Donau dicht bei Rumänien, und auf der Fahrt dorthin durch kleine Dörfer und über’s platte Land sehen wir links die Ausläufer der Karpaten und rechts die Ausläufer des „Frankenwaldes“, der Fruska Gora. In der Mitte, wo beide Gebirgszüge verschwindern, muss die Donau sich durchgekämpft haben. Das stimmt denn auch, in Baska Palanka erreichen wir die Donau, die Fähre liegt schon da, fährt aber erst in einer halben Stunde so dass Zeit ist für einen Salat.

Faehre Faehre2

Die Fähre ist irre: ziemlich alt, Holzbohlen, angetrieben von einem kleinen Schlepper an der Seite. Fährt uns aber ohne Probleme über die Donau an deren rechtes Ufer nach Ram. Hier halten wir uns aber nicht weiter auf, weiter geht es an der Donau entlang oder auch mit etwas Abstand in Richtung „Eisernes Tor“, der engsten Stelle der Donau. Wir fahren durch Veliko Gradiste, durch Golubac, sehen die dortige Festung und fahren durch sie durch! Die mächtige Festung liegt auf einem Felsen dicht an der Donau, und die Strasse geht eben durch diesen Felsen mit drei kleinen Tunneln hindurch. So etwas habe ich auch noch nicht gesehen.

Golubac Golubac2

Auf der Strecke besuchen wir dann doch den Friedhof von Dobra, dessen Erwähnung im Reiseführer ganz interessant klang: bei vielen Gräbern fanden wir Tische und Stühle, Blumenbeigaben, bei dem Grab eines Kindes auch Brot und Spielzeug. Die dahinterliegende Idee ist wohl, dass der Tote ein Anrecht hat auf ihm liebgewordene Dinge und sein Photo (auf allen Grabsteinen sind auch Photos der Toten bzw. auch der noch Lebenden, wenn z.B. ein Ehepartner schon verstorben ist). Die Dorfbewohner kommen wohl einmal im Jahr zusammen auf dem Friedhof und feiern gemeinsam zum Andenken an ihre Toten.

Dobra2

Danach besuchten wir an der Strecke das Museum Lepenski Vir an der Donau, wo die Fundstücke von Ausgrabungen präsentiert werden, die eine Besiedlung etwa 8000 Jahre v.Chr. belegen mit Großskupturen, die zu den ältesten von Europa gehören. Etwa ab 1965 hat man hier geforscht und gegraben und viele Grabstellen freigelegt, die terrassenförmig am Hang zur Donau hin angelegt waren. Die Funde sind sehr beeindruckend, und wenn auch die Aussage im Museumsfilm, dass die Skulpturen die ersten Äußerungen von Kunst des Steinzeit- und Vorsteinzeitmenschen in Europa seien, wohl übertrieben ist, lohnt es sich sehr, hierüber zu erfahren.

Danach reicht es uns aber auch mit der Fahrerei, schließlich ist es wieder 25 Grad heiß, wir wollen in Donij Milanovac eine Unterkunft suchen. Das möglicherweise einzige Hotel soll lt. Reiseführer seinen sozialistischen Charme noch etwas bewahrt haben, aber als Mechthild versucht zu klären, ob ein Zimmer frei ist, sieht sie eine große Gruppe von Jugendlichen in der Schlange vor der Rezeption und wir geben das Projekt auf. Stattdessen fahren wir ein paar Kilometer zurück zu einem Restaurant am Strassenrand, welches auch Apartamenti anbot, und das ist ein richtiger Glücksfall für uns! Vater, Mutter und zwei Söhne betreiben dies Etablissement, bauen seit Jahren wohl immer weiter daran herum, ergänzen und erweitern, geben sich richtig Mühe.

Apartment Apartment2

Das Zimmer kostet 10 € pro Person (!!), wir sind in einem nicht fertigen Bau an der Donau (die oberen beiden Stockwerke sind noch nicht ausgebaut), können von der Terrasse fast in die Donau spucken, bekommen von der Hausmutter frische Zander aus der Donau gebraten mit selbstgemachtem Käse und mit regionalem Chardonnay (alles „domestica“) und es ist zehnmal besser, als es im Hotel gewesen wäre. Es lohnt sich (häufig), auch mal abseits der gewohnten Wege etwas zu probieren.

Im Moment des Schreibens sitze ich draußen auf der Terrrasse, links neben mit die sehr breite Donau (die aber da vorn bald zum Eisernen Tor verengen wird), leise tuckern draußen einige Schleppkähne entlang (bzw. Schiebekähne: lange vollbeladene Schiffe werden von einem starken Schiff vorwärtsgetrieben), die Sterne tauchen auf, drüben liegt Rumänien im Dunkel, von dort bellen einzelne Hunde – werden nachts die serbischen Hunde antworten?

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Karl Verfasst von:

Ein Kommentar

  1. 16. April 2016
    Antworten

    Liebe Mema,
    gerade habe ich angefangen, Deinen Reisebericht zu lesen. Toll, aber irgendwie eine Reise in eine andere Welt. Zumindest empfinde ich es jetzt gerade so. Aber ich bin gespannt, wie es weitergeht. Wenn mein Herzensmann einmal nicht mehr in die Schule muss, werden wir auch so eine Reise unternehmen. Ich habe ihm vorhin einige Passagen vorgelesen und er als Historiker war sehr interessiert.
    Du hast Dir übrigens eine super Reisegarderobe zusammen gestellt. Ich bin schwer beeindruckt, denn Du hast es wirklich geschafft, dass Du alles wunderbar miteinander kombinieren kannst.
    Ich wünsche Dir / Euch weiterhin eine gute, erlebnisreiche Reise. Ich bin gespannt, wie es weiter geht.
    Liebe Grüße Elisabeth

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