von Turku nach Stockholm

gestern hatten wir einen langen Tag für letzte Aktivitäten in Turku, weil die Fähre nach Stockholm erst abends 20.15 Uhr fuhr. Wir waren dann eben Touristen, haben sogar einen Trip mit dem Jokke River Train gemacht, einer kleinen dreiwägigen „Bimmelbahn“ mit Lok entlang des Flusses bis zur Burg, die wir aber ausließen. Ein paar Kunstobjekte haben wir noch gesehen, auch die berühmte Föri ausprobiert, eine orangene Fähre, die seit mehr als 100 Jahren den Aujoki überquert (Dauer der kostenlosen Fahrt ca. 2 Minuten).

Von den grob vorgeplanten letzten Museumsbesuchen blieb es bei einem im Aboa vetus & Ars nova. Dies beeindruckende Museum ist im und unter dem ehemaligen Palast des Tabakfabrikanten Rettig untergebracht. Der eine Teil (Aboa vetus) enthält im Untergrund archäologische Monumente und Ausgrabungen von der Turku-Siedlung seit dem Mittelalter. Man kann dazwischen herumgehen, alles ist mehrsprachig gut erklärt, keiner bremst einen, Kinder flitzen dazwischen herum, großartig. Im Garten ein angenehmes Cafe, von wo aus man auf einem abgeteilten Areal dann eine Gruppe junger Archäologen beobachten und ausfragen konnte, die weiter zwischen alten Mauern nach Spuren der Vergangenheit ihrer Stadt suchen.

Im anderen Teil (Ars nova) gab es aktuell eine Ausstellung mit Werken der ungarischen Künstlerin Maria Prymatsenkon sowie einige weitere moderne Bilder, u.a. auch ein originaler Picasso, der da unvermittelt auftauchte. Das war alles zusammen dann noch ein Beiprogramm, der archäologische Teil war wesentlich faszinierender.

Das war’s dann an Kultur in Turku, am späten Nachmittag dann Fahrt zum Fährhafen. Es ist ja beeindruckend, wie diese Giganten blitzschnell ent- und beladen werden: das Schiff kam erst knapp eine Stunde vor der geplanten Abreise an, aber es klappte alles bestens. Fußball kam dann auch zu seinem Recht, in einer der Bars habe ich mir dann noch Argentinien vs. Nigeria angeschaut.

Die Fahrt mit der Fähre war für mich deswegen so beeindruckend, weil es ja fast dauernd durch ein Gebiet mit Hunderten von kleinen und etwas größeren Inseln ging! Vor Turku liegen wohl ebenso viele Schären wie vor Stockholm, und immer, wenn ich mal nachts aus dem Fenster schaute, war Land zu sehen. Der Sonnenuntergang war dann natürlich auch entsprechend, und weil wir jetzt wieder so viel südlicher vom Polarkreis waren, ging sie auch tatsächlich unter den Horizont; allerdings blieb es auch hier recht hell und die „weißen Nächte“ sind nicht vorbei.

Weil wir so früh am Morgen in Stockholm ankamen – kurz nach 6.00 Uhr Ortszeit, Uhren wieder mal eine Stunde zurückstellen – konnten wir zwar zum Hotel, einchecken und das Auto parken, aber das Zimmer war noch nicht frei. Deswegen ein langer Tag bei ziemlicher Hitze in Stockholm. Erste Orientierungen, Klärung der Fortbewegungsmöglichkeiten mit der Tunnelbahn (die U-Bahn heißt hier „Tunnelban“, Stationen erkennbar an Schildern mit „T“), kurze Fahrt in die Gamal Stan, die Altstadt.

Ich hatte mehr die Hoffnung, dort eine Menge Grün und einen Park vorzufinden, in dem wir uns weiter besinnen konnten, um erst mal richtig in Stockholm anzukommen, aber mit etwas Mühe wegen des erheblichen und lauten Verkehrs und wegen Baustellen landeten wir mit Verzögerung in der Altstadt und waren plötzlich auf dem Stortorget mit einem schönen Ensemble alter Renaissance-Häuser und einem großen repräsentativen Gebäude, das sich als die Schwedische Akademie entpuppte, wo immer die Nobel-Preise verliehen werden! Das Gebäude enthält auch das Nobel-Museum.

Wir waren ja fast die ersten auf diesem Platz, kleine Cafes hatten gerade erst eröffnet, wir konnten deswegen schöne Schattenpätze finden. Dann aber ging es los und aus allen Gassen kamen die Touristen, mal in kleinen, oft in großen Gruppen. Folgerung: kein Museum, Touristen beobachten! Diese ganzen Gebäude sind ja auch schon so oft photographiert werden, da muss ich nicht noch ein paar dranhängen.

In der Altstadt gibt es auch das Königliche Schloß, natürlich mit entsprechend malerischer Bewachung durch Soldaten in Häuschen. Diese waren aber ganz „zivil“, gaben Touristen Auskunft, kratzten sich mal an der linken Hüfte, standen ganz locker mit ihren Gewehren und Bajonetten. Mittags gab es dann große Wachablösung, eine ganze Truppe marschierte mit Musik heran. Ruhige stille Flecken gab es auch, aber die habe ich zu spät entdeckt.

Später, es wurde immer heißer, machten wir eine Bootstour mit, die durch die Wasserstraßen (das ist ja vorwiegend Ostsee, nicht wahr?) unter vielen Brücken und um manche Inseln führte. Das war interessant, die Stockholmer Architektur zu sehen; die sozialdemokratische Regierung hatte in den 70er Jahren den Ehrgeiz, rasch sehr viele mietpreisgünstige Wohnungen zu bauen wegen des raschen Wachstums der Stadt. So wurden auch viele Hochäuser errichtet, die aber einen guten Eindruck machten, und die Wohnqualität in den Gebieten am Wasser scheint durchaus gut zu sein. Uns fiel dann auch auf, dass es keine herrschaftlichen Villen gab, die an den Ufern standen und wegen des Privatbesitzes den Zugang zum Wasser versperrten. Wahrscheinlich findet die bauliche Differenzierung der Klassen auf den Schären statt, wo wir schon bei der Anfahrt durchaus ansehnliche Anwesen natürlich mit eigenen kleinen Häfen und Schiffen sehen konnten.

Ihr könnt euch vorstellen, dass so ein Tag auch anstrengt, und weitere Aktivitäten waren nicht drin. Vom Fußball will ich gar nicht reden, ich habe mir nichts mehr angeschaut und auf dem Bett liegend die schwedischen Jubelrufe richtig ausgewertet…

Wichtiger Hinweis: wenn man mit dem Auto auf der Fähre von Turku nach Stockholm fährt, muss jeder Fahrer am Grenzübertritt pusten zum Alkoholtest!!!

 

Neueste Beiträge

Neueste Kommentare

Karl Verfasst von: