Wir wollen mehr von der schönen Landschaft sehen und auch Höhlen anschauen. Deshalb sind wir 200 km weiter in östliche Richtung gefahren. Die Stadt Olomouc werden wir als Basis für Ausflüge in die Gegend nehmen. Olomouc/Olmütz ist uns bisher nur bekannt vom Olmützer Quargel, dieser mährischen Variante des Harzer Rollers, einem Magermilchkäse. Vielleicht kennen manche von euch den Begriff auch aus dem alten Lied aus den 20er Jahren
Ausgerechnet Bananen,
Bananen verlangt sie von mir!
Nicht Erbsen, nicht Bohnen,
auch keine Melonen,
das ist ein‘ Schikan‘ von ihr!
Ich hab Salat, Pflaumen und Spargel,
auch Olmützer Quargel,
doch ausgerechnet Bananen,
Bananen verlangt sie von mir!“
Harzer Roller, den gibt es bei uns immer mal wieder zu essen. Das Navi ist noch auf „ohne Autobahnen“ eingestellt und so zuckeln wir über mittlere und kleinere Landstraßen kreuz und quer durch das grüne, schöne Mähren mit sanften Hügeln und Hochebenen, durch feine, kleine Dörfer und durch lichte Wälder. Die Straßen sind kein Vergleich zu dem, was wir auf dem Balkan gesehen haben. Auch die Häuser in den Dörfern sind gut erhalten; Neubauten, renovierte Häuser, Schulen, Spielplätze, nahezu keine unbewohnten Ruinen. Kein Müll, keine unbefestigten Wege, wir sehen auch kaum verfallene Industriegebäude. Unser alter Mercedes gehört mit Abstand zu den ältesten Autos auf den Straßen. Und, liebe Brüder, er fährt gut und geschmeidig. Wir haben eine gute Wahl getroffen. Dieser Teil Osteuropas ist gut entwickelt und der sicher schwierige Übergang von sozialistischer Planwirtschaft zu Marktwirtschaft auf einem guten Weg.
Wie oft finden wir ein Hinweisschild und lesen dann im Führer nach: Zd’ar nad Sazavou, die Kirche von St. Johannes von Nepumuk von 1730 ist das exzentrische Werk von Giovanni Santini. In der Tat, wir hätten etwas verpaßt, wenn wir nicht hingefahren wären. Zunächst sehen wir eine Brücke, die Karlsbrücke in klein:
Unten, im ehemaligen Zisterzienserkloster gibt es eine ganz neu konzipierte Ausstellung über Klosterleben, über den Erbauer Santini und den auftraggebenden Abt Václav Vejmluva, die Ideen und Entwicklungen der damaligen Zeit und über Baustile.
Eine kleine feine Ausstellung, die sicher auch größeren Kindern gefallen würde. Oben auf dem Berg thront die Kirche.
Fünfzackig ist der Bau mit einem äußeren zehnzackigen Ring, einem Säulengang mit fünf großen Toren, durch die man einen weiten Blick auf die Landschaft hat.
Der Säulengang ist gänzlich ohne Zierrat und strahlt für mich eine entspannte Ruhe aus. Es sind wenig Menschen hier oben, die Sonne scheint warm und es bläst ein heftiger Wind. Mir gefällt es hier sehr. Auch die Kirche ist nicht überladen und durch den besonderen Baukörper strahlt sie eine spezielle ruhige Stimmung aus. Dieser Ort ist einer unserer besonderen Tips. Natürlich ist auch diese Kirche UNESCO-Weltkulturerbe! Sie ist als Wallfahrtskirche sogar vom Papst als „Basilica minor“ eingestuft worden (also kurz vorm Petersdom..)
Weiter geht es nach Olomouc (Olmütz).
Nach einer kurzen Pause im Hotel ein erster Gang durch Olomouc um Abendbrot zu essen.
Überall in der Altstadt wird gebaut und renoviert. Zuerst müssen wir mal ein Restaurant finden. Es ist 1. Mai und fast alles hat zu. Auf dem Hauptmarkt spielt eine Rockband und einige Stände verkaufen Bier, dicke rote Würste und riesige Reibekuchen. Die wollen wir nicht.
Olomouc ist eine Studentenstadt und in einer Nebenstraße gibt es kleine Gerichte, traditionelle Sachen:
Eingelegter Hermelin (eine Art Brie)
Tatarbeefsteak zum selbermischen
und natürlich große Humpen Bier.
Die astronomische Rathausuhr ist alten nachempfunden und sozialistisch real. Statt Mönche und Nonnen wandern Handwerker und Künster herum.
Morgen geht das richtige Touristenprogramm los!
Den ganzen Tag schon lese ich mich (endlich!) durch eure Reiseberichte durch und erfreue mich an Neuem und (besonders hier in Böhmen und Mähren) Vertrautem. Und jetzt muss ich mich doch mal melden: Ich bin froh, dass ihr diese Kirche „gefunden“ habt! Sie ist eine meiner liebsten, seit ich vor vielen Jahren einen Vortrag vor Ort über sie halten musste und vor Ort dann beglückt war, das theoretisch Erarbeitete zu erleben. Nur eine Skurillität: Ist euch aufgefallen, dass fast alle Bauteile (siehe die Fensteröffnungen der Fassade, auch die Gewölbe sind lanzettförmig) zungenförmig gestaltet sind, was auf die Heiligengeschichte Johannes Nepomuks anspielt?
Es macht Spaß mit euch zu reisen und ich würde mich freuen, wenn wir uns auch einmal mündlich über eure Eindrücke austauschen können.
LG, Bele
Liebe Bele,
unbedingt sollten wir über deine und unsere Erfahrungen reden. Wir sehen uns ja noch dieses Jahr. Das mit Nepomuk habe ich nicht gewusst. Interessant!! Wieso hast du darüber einen Vortrag gehalten? Nun, du wirst es mir erzählen. Schöner Gruß Mechthild