Karlovy Vary – Karlsbad

Wie funktioniert eigentlich „kuren“? Und wie geht das genau in Karlsbad?

Karl und ich sind beide gänzlich unerfahren, hatten nie eine Kur. Nur einmal eine Woche selbstorganisiert im Ferienhaus und dem nahen Bad Steinbeck. Hier sind wir in einem der bekanntesten Kurorte der Welt und haben so schon gleich zu Anfang alles falsch gemacht. Man bucht nämlich eine Kur gleich zusammen mit der Unterkunft. Einfach so und nur für ein oder zwei Tage Kuranwendungen oder Wellness oder so ähnlich, das geht fast gar nicht. Und hier in Karlsbad geht man und frau zuerst zum Arzt und läßt sichs verordnen. Oder in eins dieser Schönheitsinstitute für Spritzen und Bestrahlungen mit vorher/nachher Bildern. Ich hatte gehofft, wir finden ein Wellnessschwimmbad mit Heilwasser, möglichst alt und ehrwürdig aber modernisiert, und wandeln zwischen Schwimmen und Sauna und was auch immer hin und her. Ich war sogar bereit mir eine Maske für die Schönheit ins Gesicht schmieren zu lassen, obwohl ich nicht an irgendeine Art Wirkung glaube. Im Hotel bekommen wir keine Auskunft, wie das mit dem Kuren für Kurzzeitreisende geht. Die Rezeptionistin spricht russisch und weder englisch noch deutsch. Gestern hatte die Touristeninformation schon geschlossen und auch unsere liebste Informationsquelle, das Internet, hat uns nicht helfen können. Heute nach dem Frühstück kümmern wir uns also gleich um das Kuren. Die Trinkkur haben wir ja schon beobachtet. Da laufen ja die vielen Menschen mit den unfassbar hässlichen Schnabeltassen in der Hand durch den Ort.

Karlsbad Schnabelbecher 2

Es gibt 13 Wasserstellen in frei zugänglich Kolonnaden, das sind meist überdachte Säulengänge. Und das Wasser kommt heiß aus den Zapfstellen, 70 bis 30 Grad. Im Prinzip ist es immer dasselbe Wasser, nur in Temperatur  und  Kohlendioxidgehalt unterscheiden sie sich. Vor mehr als 8 Bechern wird gewarnt, das Wasser soll Glaubersalz enthalten und das ist ja abführend. Im Prinzip verordnet der Kurarzt die Menge des zu trinkenden Wassers und aus welchen Zapfstellen getrunken werden soll.

Karlsbad Kolo Karlsbad kol 2 Karlsbad kol 1

Die Touristeninformation nennt uns die beiden öffentlichen Bäder, in denen man für den Eintrittspreis Schwimmen im Schwimmbad, Zugang zur Sauna, Whirlpool, Kinderplätsche und zum Dampfbad erhält. Das reicht uns. So besuchen wir das Elisabethbad, 1909 eröffnet, 1973 modernisiert mit 25 Meter Schwimm-Bahn und Männer- und Frauen-Saunen.

Karlsbad Elisabethbad

Es gibt auch noch den Vordereingang, durch den man eintritt, wenn man mit ärztlicher Verordnung diese „Anwendungen“ erleben will. Wir aber schwimmen im „normalen Teil“ ein bisschen, probieren die kleinen Saunen und gehen dann Apfelstrudel essen. Und mir wird immer klarer, Kur ist nichts für mich.

Karlsbad ist eine übersichtliche Kurstadt und in der Tat ist vieles am Ort auf reiche und sehr reiche (russische) Kurgäste ausgerichtet. Es gibt jede Art teurer Luxusgegenstände. Schmuck, Uhren, Lederwaren, Bekleidung, Keramik und Glas; die wesentlichen Firmen haben hier kleine und größere Geschäfte und bieten in den Auslagen die Produkte aus ihrem Sortiment, die  Glitzer und Goldverzierung haben.

Karlsbad teurer Tand

Wir sehen nicht nur russische Touristen sondern auch chinesische, japanische und indonesische Reisegruppen. Noch ist Vorsaison und schlechtes Wetter, die Straßencafes nicht geöffnet, die meisten Restaurationen noch leer. In einem Monat werden sich hier die Massen schieben. Jetzt ist es noch lauschig, wenn es gerade nicht regnet. Die Fußgängerzone verläuft rechts und links neben dem kleinen Fluß Tepla und es gibt in kurzen Abständen Brücken die beide Seiten verbinden. Umrahmt wird alles von den hohen Gebäuden  aus der zweiten Hältfe des 19. Jahrhunderts. Mehr als die Hälfte der Immoblilien soll in russischem Besitz sein.

Neben diesem „alten Teil“ gibt es das riesige, 16stöckige Kurhotel Thermal, 1976 gebaut, laut Reiseführer ein Schandfleck,  und dahinter eine weitere Fußgängerstraße mit nicht ganz so teurem Tand und Hotels mit weniger Sternen, nicht mehr Versace sondern Betty Barclay.

Wir besichtigen auch das alte Kaiserbad, ein nationales Kulturdenkmal.

Karlsbad Kaiserbad

Ein riesiger, prächtiger Bau aus 1895 war das, in dem die reichen Kurgäste ein und aus gingen. Es hatte auch einen der ersten Säle mit mechanischen Geräten zur körperlichen Ertüchtigung, den sog. Zandersaal.

Karlsbad Kaiserbad 1 Karlsbad Kaiserbad 2 Karlsbad kaiserbad 3

Bis in die 80er Jahre als Bad genützt war es dann lange dem Verfall preisgegeben, wird aber jetzt seit über 10 Jahren renoviert oder besser notdürftig geflickt. Das Bad des Kaisers ist restauriert, er soll aber nie dort gebadet haben. Ein Teil des Daches wurde erneuert, viele der kostbaren Einbauten und Holzverkleidungen sind eingelagert und jetzt steht es wie eine halbangezogene Diva da, kann besichtigt werden und es ist scheinbar völlig unklar, was aus dem Gebäude werden kann. Was soll aus diesem Monstrum werden, wer braucht so ein Gebäude? Es steht allerdings schon auf der Kandidatenliste für die UNESCO-Weltkulturerben. Und nebenher: welcher Film wurde hier auch gedreht? Na? Casino Royal mit Daniel Craig! Weitere Szenen wurden im gewaltigen Komplex des Grand Hotel Pupp hier gedreht.

Und dann sind wir noch mit der Zahnradbahn auf den Berg gefahren. Karlsbad von oben, da werden die räumlichen Zusammenhänge deutlicher.

Basilika Karlsbad von oben

Wie auch immer, es reicht mit den Kurbädern und der alten Pracht. Morgen fahren wir weiter. Marienbad schenken wir uns. Mal sehen, was als nächstes kommt.

Hier noch das Foto des Tages:

Karlsbad ArmesWuerstchen
Armes Würstchen im Regen in der Fußgängerzone.

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