Wir fahren weiter nach Belomorsk. Das ist die kleine Stadt, bei der der Weißmeer-Ostsee-Kanal endet und die Schiffe in das Weiße Meer schwimmen können oder könnten. Bislang haben wir nämlich noch keins gesehen. Der Kanal war ganz leer. Um zu verstehen, was da gebaut wurde, schaut diesen kleinen Film an. Die Luftbildaufnahmen sind beeindruckend. Morgen werden wir wohl noch mal hinfahren, länger stehen bleiben. Mal sehen, ob ein Schiff kommt. Der ökonomische Nutzen dieses mit so viel Blut gebauten Werkes ist sehr umstritten. Das Wasserbett ist so niedrig, dass nur kleine Schiffe den Kanal befahren können, die Schleusen sind ebenfalls nur für kleine Schiffe. Auch Reisende können den Kanal befahren. Es gibt Schiffspassagen hindurch. Das wäre eine interessante Tour geworden. Unser zeitlich beschränktes Visum läßt das nicht zu.
Belomorsk ist eine typische kleine Stadt mit etwas über 11.000 EW.: extrem schlechte Straßen, Schlaglöcher ohne Ende, bröckelnde Plattenbauten, Häuserruinen. Wir zeigen keine Fotos davon. Das hat die Stadt nicht verdient. Hier guckt die Armut aus allen Fenstern und es gibt auch Hinweise dafür, daß die Kommune sich bemüht, vermutlich ist einfach nicht mehr möglich. Die Stadt schrumpft. 1989 waren es noch fast 19000 EW.
In unserem Hotelrestaurant gibt es eine große Familienfeier, wir können deshalb kein Abendbrot bekommen und es gibt kein anderes Kaffee oder Restaurant in der Stadt. Das Internet ist nur über komplizierte Wege und russische Telefonanbieter zum Laufen zu bringen (gestern hatten wir in der Unterkunft überhaupt kein Internet obwohl versprochen). Ich bin echt genervt, zumal hier plötzlich auch die Mücken auftauchen, die uns überraschenderweise bislang fast ganz verschont hatten. Was ist los? Wir hatten bislang unglaubliches Glück, mit dem Wetter, mit den Hotels und Ferienwohnungen, mit allem. Und plötzlich müssen wir zu ersten Mal improvisieren. Das hatten wir doch einkalkuliert. Also sind wir in den örtlichen Kaufladen gegangen, haben Bier und Saft und Schinken und Smetana und Kaviar, Brot und Käse gekauft und einen schönen Platz zum Picknicken gesucht und gefunden. Bei Belomorsk münden die Wyg und die Schischnja ins weiße Meer. Und diese Flüsse sind hier wirklich breit. Überall sehen wir Wasser. Etwas außerhalb, da wo die Schischnja in Meer fließt gibt es eine breite Landbrücke zu einer Insel und für uns unter karelischen Birken ein stilles Plätzchen. Smetana fingerdick auf Brot und darauf würzigen Butterkäse und einen Eßlöffel roten Kaviar, was zählt da noch ein Schlagloch.
Karl ist ganz gespannt gewesen auf Belomorsk. Denn hier gibt es Petroglyphen und die wollen wir uns auf alle Fälle anschauen. Petroglyphen sind in Stein gekratzte und gehauene Felsbilder, 6 bis 7 tausend Jahre alt. Hier sind die Zeichnungen in Felsentische gekratzt, die einfach so zugänglich sind. Kein Eintritt, keine Aufpasser, nur einige kleine Verkaufstände. Wir können auf den riesigen Steinen herumlaufen und die Zeichnungen selber entdecken. Nichts ist abgesperrt, nur einige Holzstege erleichtern die Besichtigung. Wir sind fast ganz alleine auf dem Felstableau. Erst auf unserem Rückweg begegnen wir einer großen Reisegruppe. Was für ein beeindruckender Ort:
ein Bogenschütze bei der Jagd
die erste bildliche Darstellung des Skifahrens
und noch viele, viele Bilder mehr.
Morgen gehen wir in das örtliche Museum. Uns interessieren die Abteilung für die Petroglyphen und über den Weißmeer-Ostsee-Kanal. Und ich möchte auf alle Fälle noch mal Schiffe zählen am Kanal.
Und dann geht es noch weiter in den Norden nach Murmansk. Wir verzichten dafür aufs Nordkap.
Das ist schon sehr beeindruckend… Hätte mir auch gefallen!