jetzt sind wir also im südlichen Teil des ehemaligen Ostpreußen. Stalin hat ja das alte Gebiet einfach geteilt (manchmal liest man, dass er sein Pfeife schnurstracks über die Karte zog, manchmal war es ein Zahnstocher), und herausgekommen ist diese vollkommen künstliche und brutale Teilung; wer auf die Landkarte schaut, sieht ja die Grenze zwischen dem Kaliningrader Gebiet und Polen als gerade Linie. Heute sind wir wie gesagt im jetzt polnischen Teil, morgen geht es in den russischen, den Oblast Kaliningrad.
Zwischenstation ist die Marienburg, die gewaltige ehemalige Ordensburg des Deutschen Ritterordens. Im 13. Jahrhundert erbaut, lange Sitz des Hochmeisters dieses Ordens, dann (aus Geldmangel!) verkauft an den polnischen König Kasimir IV, dann mehrere Jahrhunderte Sitz der polnischen Könige und ab 1772 gehörte sie zum Königreich Preußen. Mal war sie dann Kaserne, mal wurde sie abgerissen, dann wieder ansatzweise restauriert, im Deutschen Kaiserreich wurde sie glorifiziert, von den Nazis ideologisiert und dann im Krieg massiv zerschossen.
Wir haben sie uns heute angesehen mit dem üblichen Audioguide, der einen von selbst durch die Räume leitet und alles gut auf Deutsch erklärt. Ich muß sagen, dass sie mir von außen weitaus mehr imponiert hat als drinnen. Es ist ein unglaubliches großes Gebäude, offensichtlich das größte Backsteinschloß der Welt, natürlich auch auf der UNESCO-Liste. Das war toll an diesem erst regnerischen Pfingstsonntag. Um die Burg herum natürlich viel „mittelalterliche“ Buden, ähnlich wie bei allen Burgfesten (auch der Bielefelder Sparrenburg) mit Kramer Kunst und Kurzweyl.
Danach weiter nach Allenstein durch eine jetzt angenehmere, abwechslungsreichere, leicht hügelige (und regenfreie…) Gegend. Hotel am See Ukiel, Blick aufs Wasser! Wir waren aber beide durch unsere nicht abgeheilten Erkältungen ziemlich schlapp, mußten uns erholen, und dann war keine Zeit mehr für einen Stadtbummel. Vielleicht morgen früh noch etwas, wenn wir nach Russland aufbrechen.
Das haben wir dann auch gemacht und sind nach dem Frühstück noch ein paar Stunden durch Allenstein gewandert. Die Stadt war ja im Krieg auch massiv zerstört worden, aber ist doch offensichtlich in vielen Altstadtbereichen originalgetreu und/oder historisierend wieder aufgebaut worden. Es läßt sich da gut lang schlendern, und Markt, Hohes Tor, Kirchen, neue Restaurants am Ufer des Flusses Łyna (Alle) lassen an Uni-Städte wie Marburg und Tübingen denken. Vieles haben wir gar nicht gesehen, wir wollten ja noch weiter, aber im nachhinein meine ich schon, dass Allenstein in unserer Planung mehr Zeit verdient gehabt hätte. Und Napoleon war ja auch schon hier…
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