heute noch mal Ausflugstag von Žabljak aus. Es regnet zwar weiter unaufhörlich, aber immerhin schneit es nicht. Wir sind ja schließlich auf mindestens 1500m Höhe und die schneebedeckten Gipfel von einigen der Durmitor-Gipfel tauchen zeitweise aus dem Nebel auf. Vormittags nach dem Frühstück fahren wir gen Südosten, um die berühmte Tara-Brücke zu besichtigen.
Oben auf der Höhe von Žabljak sieht man die Spuren des Wintersports. Viele kleine Häuser auf der Fläche oder am Waldrand werden wohl an Ski-Wanderer vermietet, die dann Langlauf machen. Gegenüber unserem Hotel ist ein Sessellift, aber der ist seit 20 Jahren nicht mehr in Betrieb, so dass ich davon ausgehe, dass zumindest hier keine Slalom- oder Abfahrtsläufe gemacht werden. Das Gras ist plattgedrückt von den Schneemassen, aber auf einzelnen Wiesen gibt es blauen Schimmer von hunderten von Perlhyazynthen. Die Obstbäume blühen hier noch, während ja im Flachland und an der Küste schon einzelne Kirschen anfingen, sich zu röten.
Nach ca. 22km Abfahrt auf recht guter Strasse und wenigen Serpentinen ist dann plötzlich die Brücke da. Ein gewaltiges Bauwerk, 150m hoch, 350m lang, zwischen 1938 und 1940 erbaut, im Krieg 1941 von den Partisanen teilweise gesprengt, danach wieder aufgebaut.
Im Reiseführer steht die dramatische Geschichte eines der Erbauer: der junge Ingenieur Lazar Jaukovic bekam den Auftrag, die Sprengung durchzuführen, was ihm sehr schwer fiel, weil er sie mit konstruiert und erbaut hatte. Er führte den Auftrag aber aus, wurde dann später allerdings von den deutschen Truppen gefangen und auf der Brücke hingerichtet! Heute steht ein Gedenkstein für ihm am westlichen Brückenkopf.
Wir sind beeindruckt, gehen langsam über die Brücke, schauen rechts und links in die Schlucht und in den Fluß, der sich tief unter uns durch den Berg gegraben hat. Es ist wenig los, einige Andenkenhändler öffnen gerade ihre Stände, wenige andere Touristen sind da. Ein großes Schild verkündet, dass hier die größte und längste Zip-Line Europas existiert. Das ist eine Seilrutsche, in der man an einem Stahlseil von einem höher gelegenen Punkt auf der einen Uferseite zum tieferen auf der anderen sausen kann.
Tatsächlich sind immer mal wieder ein paar Leute unterwegs, wir können sie aus der Entfernung von einigen hundert Metern sehen. Dann wird ein Schwung junger Mädchen zum Ausgangspunkt gefahren, die jubeln schon auf der Hinfahrt, machen sich sicher jetzt schon Mut. Das wäre doch nichts für mich. Oder etwa doch?! Nach einem Kaffee aber ist klar, dass ich das auch machen will, und Mechthild macht mit. Wir fahren also mit unserem Mercedes zum „Landepunkt“, werden dann abgeholt und zum „Startpunkt“ gefahren, bekommen eine Art Uniform umgeschnallt mit Gurten und Schlingen, mit der wir am Sitz und am Seil festgemacht werden, müssen es uns im Sitz bequem machen, zurücklehnen, die Beine strecken, kurze Abfrage, ob alles gut ist, kurze Verständigung zwischen dem helfenden Starter mit dem Empfänger unten und ab geht’s.
Über 800m Länge, maximale Höhe 156m, Dauer höchstens 30 Sekunden! Eigentlich viel weniger aufregend als gedacht und befürchtet, es geht alles so schnell, im Fahren ein paar Photos nach vorn, aber nach unten in die Schlucht hinein nicht mehr, denn da bin ich schon angekommen und der Bremser unten bringt alles zum problemlosen Ende. Nachdem ich meine Ausrüstung abgelegt habe, kommt auch schon Mechthild angesaust und auch bei ihr geht alles ohne Schwierigkeiten ab.
Wow! Und das auf unsere alten Tage! Ich wollte den Beitrag ja eigentlich betiteln „je öller desto döller“, mußte mich aber dem Veto meiner lieben Mechthild beugen, die das albern fand. Na, aber wenn das alles so ohne Schwierigkeiten ging, dann könnten wir doch auch mal eine Rafting-Tour auf der Tara machen. Ich hatte ja gedacht, dass vor Juni da nichts stattfindet, aber die Leute, die die Zip-Line betreiben, organisieren auch solche Touren und gerade machte sich eine Gruppe von Leuten für die nächste Tour bereit (Schutzhelm anziehen, Sicherheitswesten usw.). Die Tour würde 3km oberhalb der Brücke beginnen und 10km unterhalb enden. Diesmal fühle ich mich aber doch noch nicht dafür vorbereitet.
Mittags Rückkehr ins Hotel, kleine Mahlzeit (Palačinke mit Marmelade), nachmittags im weiteren leichten Regen noch ein kleiner Ausflug in die Nähe zu einem der Bergseen des Durmitor-Nationalparks, dem Crno Jezero (schwarzer See). Angesichts des öden Wetters gehen wir aber nur vom Parkplatz den einen Kilometer bis zum Seerand und dann zurück.
Abends beim Essen entwickelt sich dann noch ein sehr lebhaftes und interessantes Gespräch mit einem älteren Paar aus Israel über unsere Reiseerfahrungen, unsere Familien, die Enkel, die Hobbies und was man so alles besprechen kann. Die wollen morgen auch weiter und einige Orte besuchen, an denen wir schon waren. Ihnen geben wir den Tip, auf jeden Fall die Zip-Line auszuprobieren. Die Frau (Barbara) kann es sich vorstellen, der Mann (Uri) auf keinen Fall.
Wow! Zip-Line, wie mutig! Ich hätte mich wohl nicht getraut! Ihr habt meinen Respekt.Ich wünsche Euch besseres Wetter! Liebe Grüsse, Z
Schluchtenfliegen – toll! Ich habe das mal in den Alpen gemacht, da hing man bäuchlings in den Seilen wie beim Drachenfliegen und schoss mit dem Kopf voran „adlergleich“ über die Schlucht. Die Auffahrt zum Startpunkt mit einem kleinen wackeligen Sessellift dagegen fand ich furchtbar, weil ich nicht ganz schwindelfrei bin…
Hier wird es diese Woche sommerlich warm – ich drücke die Daumen, dass es bei euch ebenfalls schöner wird!
Das hätte ich auch gern gemacht! Dieses Kribbeln im Bauch, die kleine Angst und Aufregung und am Ende das Endorphin-Glück!
Eure Reise verfolge ich Tag für Tag und finde Eure berichte so toll! Vieles kann ich so gut nachvollziehen, wie z.B. die Warterei an der Straßensperre.
Liebe Grüße
Ilse