Die große Leitlinie unserer Reise ist ja das „grüne Band“, ein zukünftiges hoffentlich durchgehendes Naturschutzgebiet vom schwarzen Meer bis hoch in den Norden. Heute haben wir ein dazugehöriges wichtiges Teilgebiet besucht, den Nationalpark Pelister, der den südwestlichen Bereich zwischen Mazedonien, Griechenland und Albanien fast komplett abdeckt. Der erste Teil dieses Nationalparks wurde schon 1948 unter Schutz gestellt. Hier wurde eine seltene Kiefernart gefunden (die fünfnadelige mazedonische oder Molika-Kiefer) und das Weiterbestehen dieser Art sollte gesichert werden. Wir haben einen solchen alten Baum angestaunt: mit 200 Jahren angeblich die älteste Kiefer; sie steht auf etwa 1500m Höhe frei und kann gut betrachtet werden kann. Im Jahr 2007 beschloss das mazedonische Parlament, die Fläche des Naturparks zu verdoppeln.
MIt über 17000 Hektar Fläche und Bergen, die weit über 2000 Meter hoch sind, ist der Nationalpark ein Paradies für Wanderer und Wintersportfans. Es gibt mehrere gut ausgeschilderte Wege zu verschiedenen Themen und Berghütten für Rast und Übernachtung. Für verschiedene Tiere und Pflanzen ist das ein wichtiger Rückzugsort. So gibt es dort noch Bären, vielleicht auch den seltenen Balkan-Luchs, Steinadler und Schildkröten. Nur dieser stumme stille Bär ist uns vor die Fotolinse gekommen.
Wir haben den Besuch im Nationalpark nicht nur gemacht, weil wir mal etwas wandern und unsere Nordic Walking Stöcke einsetzen wollten, sondern weil wir auch wußten, dass im Gebiet in und um Bitola im 1. Weltkrieg erbitterte Schlachten tobten. Vom Informationszentrum aus auf 1350m Höhe ist der sog. Historical Trail ausgeschildert, wandertechnisch nicht sehr anspruchsvoll und für uns gut zu meistern. Die Walking-Stöcke haben sich aber sowohl bergauf als auch bergab als sehr hilfreich erwiesen.
Quer durch den heutigen Nationalpark lief im 1. Weltkrieg die sog. Thessaloniki-Front. Auf der einen Seite kämpften deutsche und bulgarische Truppen, auf der anderen serbische, englische und französische. Fast zwei Jahre lang haben die sich am Berg eingegraben und gegenseitig massakriert, die Reste der alten Schützengräben sind noch zu sehen. Die Front bewegte sich in der Zeit wohl fast gar nicht. Auf Schautafeln wird über die Soldaten berichtet (insgesamt sicher 50.000 Tote), aber auch immer wieder darauf hingewiesen, dass die Hauptleidtragenden die Zivilisten in den Dörfern unterhalb des Berges und in Bitola waren. In kleinen Dörfern, die vor dem Krieg etwa 1000 Häuser hatten, waren nach dem Krieg nur noch 4 Häuser übrig! Bitola wurde zerbombt durch Flugzeuge und schwere Artillerie.
Wir stehen auf dem Wanderweg vor dem Rest eines Gewirrs von Schützengräben, können uns in etwa vorstellen, was das für ein unglaubliches Leben gewesen sein muss, bei jedem Wetter in diesen Löchern zuzubringen und mit Granaten und wohl auch Giftgas rechnen zu müssen, und dann sehen wir in das Tal Richtung Bitola auf die kleinen Dörfer und die Stadt, wissen, wie zigtausende von Geschossen von hier oben nach unten abgefeuert wurden und können den Wahnsinn solcher Kriegshandlungen etwas erahnen. Klar wird auch: es ging gar nicht um Mazedonien, sondern die europäischen Großmächte haben wegen ihrer eigenen Machtinteressen auf dem Boden dieses Landes sich ausgetobt. Mechthild hat auf diesem Weg vorwiegend die blühenden Pflanzen photographiert, vielleicht i.S. von flower power statt Krieg.
Es gibt in Bitola noch einen deutschen Kriegsgräberfriedhof, auf dem wohl über 3000 Soldaten beerdigt sind, aber den Weg dorthin haben wir nicht gefunden. So blieb der Tag nach der Rückkehr von diesem Ausflug dann ruhig bis zum Abendessen in einem kleinen Restaurant. Morgen geht es nach Ohrid.
Schreibe den ersten Kommentar