Mrzezyno, Koszalin und „Trecker Willi“

Ich habe inzwischen eine heftige Sommererkältung und so lassen Karl und ich es noch langsamer angehen. Unser eher abseitiges Zimmer ist gut geeignet für lange Mittagspausen und frühes Zubettgehen. Noch ist überall Vorsaison und die Diskos und Tanzabende aber auch die Konzerte werden erst ab Juni regelmäßig veranstaltet. Um 21.30 Uhr oder noch früher ist hier überall Schluss. Wir haben uns etwas mehr vertraut gemacht mit unserem mager ausgestatteten Feriendomizil. Es liegt in einem Kiefernwald und die Kiefern blühen gerade. Alles ist sofort von einem feinen gelben Staub überzogen. Das Gelände ist umzäunt und besteht aus mehreren Gebäuden, deren Zimmer jetzt zu Ferienappartements umgebaut wurden. Ganz ursprünglich war die Anlage eigentlich von der Deutschen Luftwaffe als Fliegerhorst gebaut worden. Sie landeten und starteten hier ihre Wasserflugzeuge am nahen See. Hier gab es auch einen Unfall, der offensichtlich manche Polen und Deutsche bis heute beschäftigt. Sie planen ein Denkmal zu errichten. Am 5. März 1945 sollten 75 deutsche Kinder und ihre Betreuer mit einem Wasserflugzeug ausgeflogen werden. Das Flugzeug stürzte in den See.

Nach dem zweiten Weltkrieg nutzte das russische Militär die Anlage, dann kam das polnische Militär und jetzt ist ungefähr die Hälfte der Anlagen noch militärisches Sperrbezirk, die restlichen Gebäude waren zunächst Erholungsheime und jetzt seit ca. 2 Jahren ist ein kleines Areal für Feriengegäste wie uns geöffnet. So konnten wir bei Frühstück vom Balkon polnische Soldaten bei der Inspektion von Autos zuschauen. Und es gab auch die eine oder andere Kanone auf dem Militärgelände zu sehen. Innen habe ich den Gebäuden ihre alte Nutzung erst angesehen, als ich die Informationen hatte. Dann aber fiel mir z.B. das Treppengeländer auf.

Mrzezyno Mrzezyno 3 Mrzezyno 2 Mrzezyno 1

Mit den neuen interessanten Informationen und auch dem Wissen darüber, dass wir ja in der Vorsaison sind und erst ab Mitte Juni hier richtig was los sein wird, kann die erste Enttäuschung über die Kargheit der Unterkunft auch wieder relativiert werden und wir können dann mit gutem Gefühl weiter Richtung Osten (Danzig, Kaliningrad etc.) fahren. Nächstes Ziel ist erst einmal Łeba.

Eine Zwischenstation machten wir in Koszalin (deutsch Köslin); die alte Stadt wurde im Krieg fast völlig zerstört. Weniges wurde im alten Sinne neu gebaut, manches alte wurde anders verwendet, aber vom alten Köslin ist durch den Krieg und die Umgestaltungen in den 70er Jahren nicht mehr viel übrig.

Koszlin 1 Koszalin 6

Besonders gut hat mir diese Feuerwache gefallen. Sie ist noch in Betrieb.

Koszalin Feuerwache

Insbesondere ein alte Kirche von Anfang des 14 Jh. ist interessant.

Koszalin 2 Koszalin 4

Wie an vielen Stellen in Polen begrüßte uns auch vor dieser Kirche eine überlebensgroße Statur von Papst Johannes Paul dem II.

Koszalin 3

Im Mai 2014 wurde er heilig gesprochen und ich sehe hier ihn hier zum ersten Mal auf einem Altarbild. Ungewöhnlich für mich. Zusatz Karl: das der Papst fast genau so groß dargestellt wird wie die Christusfigur, finde ich schon sehr anmaßend.

Koszalin 5

Und weiter gehts. Beim Verlassen der Stadt sehen wir auf einem Parkplatz am Rand plötzlich einen Trecker mit kleinem Wohnwagen stehen, und deutschen Beschriftungen stehen, und als wir auch halten, bestätigt sich die erste Vermutung: wir haben „Trecker Willi“ getroffen! Dieser über 80jährige Rentner aus Lauenförde bei Höxter ist schon bekannt, weil er mit seinem Uralt-Trecker Marke Deutz allein lange Touren macht. Er erzählt uns dann auch, dass er 2015 bis ans Nordkap gefahren ist, und jetzt ist er auf dem Wege nach St. Petersburg.

Kurz vor unserer Abreise hatte ich (Karl) einen Bericht gelesen, dass er gestartet sei, und im Stillen hatte ich ja die Phantasie, ihn zu treffen. Und jetzt ist es tatsächlich passiert! Ich glaube, dass mich dieser alte Mann auch deswegen so anzieht, weil sein Projekt etwas Ähnlichkeit hat mit unserem, nämlich einfach los zu ziehen und sich einen Wunsch zu erfüllen, den man „normalerweise“ in höherem Alter nicht mehr hat. „Trecker Willi“ jedenfalls ist ganz zufrieden gewesen, hat etwas über den Zustand der Strassen gemosert (wir kennen viel schlechtere in Polen) und darüber, dass er nirgendwo Briefmarken bekommen habe, um seine 20 Ansichtskarten los zu schicken, und vielleicht treffen wir ihn ja im Baltikum noch mal.

Willi2 Willi1

 

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Mechthild Verfasst von:

5 Kommentare

  1. Prinzenrolle
    31. Mai 2017
    Antworten

    Gute Besserung, liebe Mechthild, und euch weiterhin so interessante Urlaubsbekanntschaften!
    (Und uns „Mitreisenden“ weiterhin so spannende Eindrücke – danke dafür)
    Petra

  2. 31. Mai 2017
    Antworten

    Hallo Ihr Lieben,
    es macht Spaß eure Reise zu begleiten.
    Beste Genesungswünsche für Mechthild.
    Liebe Grüße
    Matthias

  3. Mechthild
    31. Mai 2017
    Antworten

    Hallo ihr Beiden,
    Danke für die guten Wünsche. Meine Erkältung wird überraschend schnell besser. Zuerst war es heftig aber jetzt, schon nach 4 Tagen, verschwinden die Symtome schnell. Das war sicher die gute salzhaltige Luft an der Ostsee.
    Schöner Gruß
    Mechthild

    • Mechthild
      13. Juni 2017
      Antworten

      Liebe Immi,
      Danke für die Info. Sehr interessant.
      Uns hat Willi gesagt, dass er alles reparieren könne an seinem Trecker. Und etwas Pause tut dem älteren Herrn sicher gut. Wir können also voller Zuversicht sein, dass es für ihn bald weitergeht.
      Schöner Gruß
      Mechthild

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