Urlaub natürlich. Dazu weiter unten mehr.
Heute sind wir aus Sarajevo weg in Richtung Banja Luka gefahren. Wir hatten uns ja jetzt soviel über den Bosnienkrieg, die damalige Situation und die Auswirkungen in die Gegenwart hinein informiert. Die soziale und die politische Situation im Land ist schwierig und scheint uns mit den vielen Gremien und Leitungskräften (alle dreifach besetzt mit je einem Vertreter jeder Volksgruppe!), die sich in der Regel uneinig sind, unregierbar zu sein. Dazu die hohe Arbeitslosigkeit und die Traumata der Bevölkerung. Es wurde uns zu viel. Etwas Distanz von den problematischen, schwierigen Seiten des Landes, das täte uns gut. Und es regnet immerzu und auch das drückt auf die Stimmung.
Mal sehen wo wir landen. Wir folgen dem Streckenvorschlag des Navi in Richtung Nordwest. Auf halber Strecke kommen wir an Travnik vorbei. Travnik, am Flüsschen Lasva gelegen, ist uralt. Es gibt Funde aus der Steinzeit, die Illyrer haben hier gesiedelt und die Römer waren auch da. Uns interessiert aber die alte mittelalterliche Festung aus dem 14.Jh., von der noch überraschend viel erhalten ist. Einige Räume sind aber wohl auch wieder aufgebaut.
Mit einer größeren Gruppe Schulkinder (wieder Hand in Hand) und einer arabischen Großfamilie stapfen wir durch die Festung und bestaunen den Blick hinunter auf Stadt und Lasva. Die Frauen der Familie tragen ohne Ausnahme den Tschador, fast eine Burka, ich kann nur die Augen sehen. Das Familienoberhaupt trägt ein knöchellanges weißes Gewand und eine Weste und die restlichen Männer haben sich in Trainingsanzüge gekleidet. Die Kinder sind normal westlich gekleidet.
Ich komme ins Gespräch mit einem jungen Künstler, der vor den Toren der Festung selbstgefertigte Souvenirs verkauft. Er erzählt, dass seit dem Krieg in Syrien immer mehr arabische Familien Bosnien besuchen. Sie lieben am Land das Wetter, besonders den Regen (!), und dass sie hier ohne Probleme ihren religiösen Bräuchen nachgehen können. Aha! Und er setzt noch hinzu, dass die Händler diese Gäste lieben, weil sie ihre Souvenirs kaufen. Wir westlichen Touristen seien doch nur auf Fotojagd. Erwischt! Jetzt fällt mir ein, dass ich schon immer mal wieder arabische Großfamilien in Bosnien gesehen habe. Hier ist die Erkärung.
In einem der Räume auf der Festung sitzen zwei Frauen und handarbeiten. Leider sind die Produkte, die sie anbieten nicht so, dass ich davon kaufen wollte. Die Arbeit auf dem Webstuhl aber wird sicher großartig, fein und ebenmäßig.
Weiter gehts. Wir suchen im Reiseführer nach einer Zwischenstation vor Banja Luka und finden Jajce. Ein kleiner Ort, der gerne zum Weltkulturerbe ernannt werden will. Es gibt dort einen Wasserfall, eine unterirdische Kirche, natürlich Moscheen und noch mehr Attraktionen.
Und es gibt ein Hotel mit Glasboden im Restaurant, durch den man die alten Mauern des Hamams anschauen kann. Da sind wir dann hingefahren. Das Hotel Stari Grad (Altstadthotel) ist wirklich klasse. Ganz so, wie wir es gerade brauchen. Das Essen dort ist auch sehr gut. Ich probiere die lokale Spezialität Bosnischer Topf – Kohl und weitere Gemüse, Kartoffeln und Fleisch gemeinsam gekocht. Sehr zart, sehr würzig, sehr gut.
Der erste Gang durch das Dorf erfüllt was im Führer versprochen wurde. Der Wasserfall ist wirklich mächtig, hier stürzt 28m tief über mehrere Terrassen die Pliva in die Vrbas. Im Sommer gibt es sogar vor großem Publikum Wettbewerbe, bei denen tollkühne Männer herunterspringen.
Auf dem Weg zum Wasserfall kaufe ich bei Herrn Hamid, einem Straßenhändler, ein. Herr Hamid spricht sehr gut deutsch, er hat 8 Jahre in Arnsberg gearbeitet. Wir sprechen natürlich über die soziale Lage, die hohe Arbeitslosigkeit, die schwierige politische Lage und, als dann noch eine Frau vorbei kommt und von ihm eine Spende für ihre Medikamente bekommt, die nicht vorhandene Absicherung im Krankheitsfall (Infos von 2003). Er zeigt uns die noch sichtbaren Kriegsschäden in der Umgebung.Wir entkommen diesem Thema auch hier nicht. Aber immerhin scheint jetzt die Sonne und es ist richtig warm.
Zunächst kaufe ich ein bosnisches Kaffeeservis für 4 Personen. Wenn ihr uns also besuchen kommt, ich kann jetzt bosnischen Kaffee kochen. Dabei erfahre ich, wie das Kupfer am besten zu reinigen ist: mit scharfem Ketchup einreiben, 10 Minuten warten und abspülen, dann ist alles wieder wie neu. Aha. Und ich lerne, das die „Zigeuner“ diese Kupferteile treiben, in der Nähe von Kakanj, nicht weit weg.
Und ich kaufe handgesponnene naturfarbene Wolle. Die Frau des Händlers hat sie gesponnen. Daraus soll eine Jacke für meinen nächsten Balkanurlaub werden.
Wir bleiben noch einen Tag. Morgen gibt es weitere Berichte über die Stadt.
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