nach den Tagen in Sarajewo als Hauptstadt des Landes hatten wir uns überlegt, auch noch mal in Mostar „vorbeizuschauen“ als der Hauptstadt der Herzegowina. Konsequenterweise ist dann für den Rest der Woche ein Besuch in Banja Luka angedacht, der Hauptstadt der Republika Srbska.
Die Fahrt nach Mostar (ca. 120km) dauerte etwa 2 Stunden auf guten Straßen, frühmorgens mit wenig Verkehr, eine Teilstrecke zwischen Sarajewo und Konjic ist bereits eine hochmoderne und dann auch mautpflichtige Autobahn. Wir steuerten einfach das Centar an, fanden einen bewachten Parkplatz, tranken einen Kaffee direkt über dem Fluß Neretva und stimmten uns auf den Anblick der Stadt mit vielen Moscheen ein.
Dann gingen wir etwa 200m in Richtung der berühmten Alten Brücke (natürlich Weltkulturerbe!) und da war der Teufel bzw. der Tourist los. Enge Gassen, beidseits gesäumt mit Souvenirläden und handwerklich hergestelltem Schmuck und Lederwaren (aber sicher nicht immer in Bosnien-Herzegowina hergestellt), dazwischen drängten sich die Massen und kamen teilweise nur langsam voran.
Alle wollten natürlich zur Brücke, die war schon schwarz mit Menschen. Auf dem Geländer standen zwei (nicht mehr ganz so) junge Männer, die offensichtlich von dort oben in den Fluß springen wollten.
Das sind immerhin 21m Höhe, also keineswegs ungefährlich. Wir konnten dann erfahren, dass sie die Brückenspringer in einer Art Zunft organisiert sind und natürlich am liebsten dann springen, wenn die Zuschauer Geld gespendet hatten in den Hut des zweiten Mannes. Beim ersten, den ich sehen konnte, dauerte es wohl mit dem Geld, so dass er erst sprang, als wir schon woanders waren, einen anderen habe ich im Sprung erwischt.
Im Museum der Brücke in dem Tara-Turm am linken Ufer besuchten wir das Museum, wurden von einem sehr netten Mann an der Kasse dann mit einem langen Wortschwall auf Englisch mit ziemlich grauslichem Akzent überschüttet mit Informationen über Mostar, die Brücke, die Herzegowina, eigentlich über den Balkan insgesamt. Der Gute hatte sicher ein immenses Wissen. In einem Zweiggebäude konnten wir dann sehen, was die ärchäologische Forschung zur Entstehung der Brücke und der Türme und zu den hölzernen Vorläufern herausgefunden hatte.
Sehr spannend war ein Film über den Wiederaufbau der Brücke ab 2003 (man nannte es „Rehabilitation“), die ja durch massiven Beschuß von kroatischen Truppen im Krieg Anfang der 90er Jahre zusammengebrochen war. Der Sprecher war einer Männer, die den Aufbau konkret planten und ausführten, und er konnte anschaulich die vielen Probleme beschreiben. Sie wollten keine neue Brücke bauen sondern ein Replikat der alten, d.h. alles wurde nach alten Plänen mit dem gleichen Sandstein und den gleichen Verbindungen der Steinblöcke durch Krampen wieder hergestellt. Spürbar war ein großer Respekt vor der Leistung des osmanischen Architekten Hajrudin, der 1557 mit dem Bau begann. Letzter Satz (sinngemäß): „zu den Feiern der Einweihung kam sehr viel Prominenz, wir, die wir konkret das ganze ausgeführt haben, waren nicht eingeladen, wir waren schon wieder nach Haus gefahren“.
Es waren sehr viele deutsche Touristen da, wohl Tagesurlauber von der dalmatinischen Küste (Dubrovnik ist ja auch nur ca. 70km weg). Die vielen Rentner passten doch gut zu dem Schild an einem Haus in der Stadt (s.o.). Letztlich hat uns dieser touristische Rummel so den Nerv geraubt (auf dem Hintergrund unserer allgemeinen Erschöpfung durch die vielen Unternehmungen der letzten Zeit), dass wir nach einer hervorragenden Fischplatte wieder zurück nach Sarajewo fuhren, um dann abends noch bei dem einen oder anderen Cocktail zu überlegen, wie es weitergehen soll.
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